Liebe
Claire, herz:linsen Dank,
dass du mich in meiner.
Erzähl mir ein
wenig über dich. Was macht dich aus?
Was liebst du? Wo lebst du?
Ich lebe im kunterbunten
Berlin, in einem klassischen Altbau mit Garten nahe der Spree. Wenn ich nicht
male, findet man mich beim Tangotanzen, beim Segeln, auf der Pferderennbahn
oder in einem der kleinen Berliner Programmkinos. Ich streife auch gerne
einfach nur durch die Stadt und sehe mir an, wie sich die Viertel verändern.
Das ist so schön an Berlin: Alles ist ständig in Bewegung. Es gibt noch immer
viele Freiräume und die Kunst- und Kulturszene ist sehr spannend. Ich bin aber
auch gerne draußen vor der Stadt.
Es ist mir wichtig, dass ich zwischendurch
viel Ruhe bekomme. An den Seen oder im Wald kann ich auftanken und komme auf
neue Ideen.
Du schwärmst von deiner Stadt /// es hört sich an, wie eine Liebe.
Ich mag es, wenn man sich mit seinem Lebens_Raum identifiziert.
„Der
blaue Salon“ ist ja nicht zufällig blau geworden.
Warum? Was fasziniert dich an
dieser Farbe…
Blau ist für mich die Farbe des
Unterbewusstseins, der Nacht, der Träume und der unendlichen Möglichkeiten.
Auch an das Meer denke ich sofort. Für mich ist es eine Seelenfarbe. Ich komme
auch beim Malen immer wieder auf Blautöne zurück - sie beruhigen mich.
Der Blaue Salon ist ja sowohl
mein virtuelles Atelier als auch ein Ort, an dem sich Menschen - auf Twitter
und im Blog – mit mir austauschen können.
Ich fand den Gedanken schön,
den Blauen Salon dabei in gewisser Weise an den “Blauen Reiter“ anzulehnen: ein
loses Netz von Künstlern, die sich austauschen, ohne dabei dogmatisch zu sein.
Im Blauen Reiter waren alle Kunstformen gleichberechtigt und es herrschte die
Idee vor, dass jeder Mensch eine innere und eine äußere Wirklichkeit erlebt,
die in der Kunst zusammengebracht werden können. Für die Gespräche im Blauen
Salon wünsche ich mir eine ebensolche Offenheit und Neugier, ein gegenseitiges
Inspirieren, Voneinander-Lernen und Miteinander lachen. Ich glaube, das diese
Verbindungen unglaublich wertvoll sind.
Ja, auch ich mag die Begegnung mit neuen Menschen,
die mich inspirieren & ergreifen /// die mich greifen.
Was ist
das Alleinstellungsmerkmal deiner Kunst? Was macht dich aus? Mit welchen
Materialien malst du /// was brauchst du um dich im deiner Kunst auzuleben?
|
I will wait - Öl auf Leinwand |
Das ist eine schwierige Frage.
War nicht alles schon einmal da? Und gibt es so etwas wie ein
Alleinstellungsmerkmal überhaupt?
Ich möchte mit meinen Arbeiten
vor allem Räume öffnen und Weite vermitteln. Ich wünsche mir, dass Menschen bei
der Beschäftigung mit meinen Bildern das deutliche Gefühl bekommen, dass für
jeden jederzeit alles möglich ist. Nichts ist wirklich jemals festgelegt, es
lässt sich alles immer noch verändern und verbessern. Zugleich darf meine Kunst
wirklich von Herzen „schön“ sein. Provokation interessiert mich weniger. Mir
geht es um die stillen Momente. Um das, was sich ganz leise im Inneren bewegt
und dann umso länger nachhallt.
Die Materialien, die ich nutze,
sind je nach Stimmung unterschiedlich. Ich liebe zum Beispiel Pastellkreiden,
weil man durch die direkte Arbeit mit den Fingern sehr nah am Bild ist. Die
Kreiden haben einen besonderen Platz in meinem Herzen. Sie sind von Natur aus
matt und man muss sehr konzentriert und versunken arbeiten, um die Kreidebilder
zum „Leuchten“ zu bringen – das hat etwas Meditatives.
Im Moment arbeite ich aber vor
allem mit Ölfarben, weil ich deren Konsistenz und Geruch sehr liebe und die
Farben einen wunderschönen Glanz mitbringen, der mir gefällt. Hin und wieder male
ich auch noch mit Acryl, das ich mit Crémant oder Champagner mische – das ist
eine kleine Macke von mir … Aber ich mag auch Aquarellfarben sehr gerne, wobei
ich mit ihnen meist geometrische Formen entwickle und weniger „klassische
Landschaftsbilder“, wie die meisten sie wohl von Aquarellen erwarten.
Ich experimentiere ohnehin viel,
mische aber niemals wild alle möglichen Materialien. Wahrscheinlich, weil ich auch
sonst Puristin bin. Ich mag Klarheit. Klare Formen, klare Ausdrucksweisen,
klare Entscheidungen. Unausgegorene Zustände oder Konfuses macht mich
wahnsinnig, das kann ich nicht lange um mich herum haben.
Neuerdings spiele ich mit den
Möglichkeiten der Encaustic-Malerei herum, also mit dem Erhitzen von Bienenwachs,
Harzen und Ölfarben. Ich bin gespannt, wohin mich das noch führt. Es wird
sicher einiges am bisherigen Stil verändern, weil die Materialien andere
Möglichkeiten eröffnen.
Magst du
mir dein Lieblingsbild von einem Künstler zeigen & mir etwas darüber erzählen?
Was macht es
aus? Was erzählen mir die Farben & Formen?
Warum liebst du es so sehr?
|
by::: Robert Delaunay |
Ein Lieblingsbild habe ich gar
nicht … Es gibt so viele unglaublich inspirierende und bewundernswerte Bilder
aus den unterschiedlichsten Epochen. Die Serie der Fensterbilder von Robert
Delaunay liebe ich aber zum Beispiel sehr. Ich könnte stundenlang staunend
davorstehen und in den Farben versinken. Mich begeistert, wie Delaunay seine
Sicht auf Paris vermittelt hat, wie er die Stadt durch die Spiegelungen in
einer Fensterscheibe einfängt – und wie er dazu Farbflächen
gegeneinanderstellt, die sich in Folge gegenseitig verstärken und zum Leuchten
bringen.
|
by::: Lyonel Feininger |
|
Ein weiteres Bild, das ich sehr
liebe, ist „Stiller Tag am Meer III“ von Lyonel Feininger. Ich sehe dieses Bild
an und werde innerlich sofort vollkommen ruhig. Es ist bewundernswert, wie
Feininger mit Transparenz spielt, wie exakt er arbeitet und wie leicht dieses
Bild trotzdem wirkt. Er selbst hat diese Art des Malens „Prismaismus“ genannt.
Feininger war übrigens auch Musiker bzw Komponist, was für mich als
ursprüngliche Musikwissenschaftlerin sehr spannend ist. Feininger hat sich viel
mit den Fugen von Bach beschäftigt. Die Gesetzmäßigkeiten des Kontrapunktes
haben ihn fasziniert und er hat versucht, die Prinzipien von Themen,
Variationen und Wiederholungen in seinen Bildern umzusetzen. Ein sehr
mathematischer Blick auf die Malerei. Und wenn man behaupten möchte, dass Bach
durch seine Fugen Kathedralen in Musik umgesetzt hat, dann hat Feininger in
diesem Bild die Segelboote zu lichtdurchfluteten Kathedralen gemacht.
Wer oder was inspiriert dich?
Kurz gesagt: Alles. Es ist
grauenhaft. Eigentlich gibt es nichts, wofür ich mich nicht interessiere.
Bilder entstehen bei mir oft aus einer Stimmung heraus, aber es kann auch ein
Musikstück sein, ein zufällig mitgehörtes Gespräch in der U-Bahn, ein bestimmter
Winkel, in dem Licht auf eine Häuserwand fällt oder die Erinnerung an eine
schöne oder eine traurige Begegnung. Das Problem an vielschichtigen Interessen
ist, dass sie oft flüchtig sind. Eine meiner größten Herausforderungen ist,
länger an einem Thema dranzubleiben. Oft kreisen mehrere „Themen“ in meinem
Orbit und wechseln sich ab. Dann geraten wir uns aber früher oder später wieder
in die Umlaufbahn und so funktioniert es eigentlich auch recht gut.
Ach,
ich kann dich so gut verstehen. Wenn Gedanken kreisen, Ideen im Kopf
erwachen & Worte fließen /// gibt es etwas Schöneres?!
Es will gelebt werden.
Claire,
ich weiß, dass du auch schreibst::: erzähle mir darüber… Wo kann ich dich
lesen?
Das Schreiben war
lange vor dem Malen da – was interessant ist, denn im Moment überwiegt die
Malerei bei mir deutlich. Als Kind wollte ich aber immer Autorin werden. Ich
habe Bücher abgöttisch geliebt. Mich gab es einfach nicht ohne Buch vor der
Nase und ich wollte immer genau diese Welten, in die man so wunderbar abtauchen
kann, auch für andere Menschen erschaffen. Unter dem Autorenpseudonym Yalda
Lewin sind in den letzten Jahren mit „Die dunkle Seite des Weiß“ und „Ruf der
Drachen“ zwei Romane von mir erschienen, die man ganz normal im Buchhandel
bekommt. In beiden Büchern geht es um Jakob Roth, einen Hochsensiblen, der als
kleiner Stadtneurotiker in und um Berlin rätselhafte Kriminalfälle löst. Ich
gehe davon aus, dass Jakob in Zukunft noch mehr zu tun bekommt, aber vorerst
ist die Malerei bei mir wichtiger.
Was
möchtest du mit deiner Kunst bei Menschen auslösen?
Ruhe. Weite. Das
Gefühl, das Leben selbst in der Hand zu haben und etwas erreichen zu können.
Den Bezug zur inneren Stimme, die im lauten Alltag oft nicht mehr zu Wort
kommt. Wenn ich so etwas auslösen darf, bin ich glücklich. Mit am schönsten ist
es übrigens, wenn ich mich direkt mit den Leuten austauschen kann und die
Reaktionen auf meine Bilder sehe. Deshalb freue ich mich immer über
Atelierbesuch oder über Menschen, die meine Bilder im Rahmen einer Ausstellung
ansehen. Momentan kann man Bilder von mir im Berliner Restaurant Begur sehen –
falls da mal jemand vorbeikommt, das Essen dort ist hervorragend. Im April 2016
darf ich in einer Galerie in München ausstellen und werde auch vor Ort sein.
Ich freue mich schon sehr auf die Begegnungen und Gespräche!
Reisen
wir nun mal in dein Paralleluniversum::: in welcher Zeit lebst du dort?
Muss ich mich
wirklich entscheiden? Das ist schwer … Ich glaube, dann würde ich die Zeit der
Weimarer Republik wählen. Ich würde gerne verstehen, was damals schiefgelaufen
ist und wie es zu all den tragischen geschichtlichen Entwicklungen kommen
konnte, die folgten. Ich würde aber auch gerne mit der Schriftstellerin
Annemarie Schwarzenbach in ihrem Auto bis nach Persien fahren oder mit „El Cachafaz“
in Buenos Aires Tango im Canyengue-Stil tanzen.
Danke schön, liebe Claire /// es hat viel Spaß gemacht dich zu besuchen & mit dir zu plaudern.
|
Hidden Gold I - Acryl auf Leinwand |
|
Peonies at night - Acryl auf Leinwand |
|
A night like this _ Öl auf Leinwand |
(Meer.) über Claires blaue Welt findest du hier:::...
Pinterest: https://de.pinterest.com/Claire_Marin/